
Bürgerfest am Reichstagsgebäude : "Der Veteranentag ist gekommen, um zu bleiben"
Erstmals fand am Reichstagsgebäude der Nationale Veteranentag statt – mit Musik, Politik und viel Anerkennung für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr.
Der Auftakt ist gelungen. Am Sonntag, 15. Juni 2025, fand erstmals in Deutschland der Nationale Veteranentag statt. Ein Tag, an dem aktive und ehemalige Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr für ihren Dienst gewürdigt werden.
Bei der zentralen Feier rund um das Berliner Reichstagsgebäude sagte die Schirmherrin, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), es sei höchste Zeit für diesen Schritt gewesen. „Dieser Tag schafft etwas, was lange gefehlt hat: Öffentliche Sichtbarkeit, Anerkennung und Respekt für alle, die in den Streitkräften unseres Landes gedient haben“, betonte sie.
Der Veteranentag will Anerkennung für alle schaffen, die gedient haben
Bei Sonnenschein und Temperaturen jenseits der 30 Grad herrschte am ersten Veteranentag gute Laune rund um das Reichstagsgebäude. Im sogenannten Veteranendorf präsentierten sich zahlreiche Vereine sowie Verbände vom Deutschen BundeswehrVerband über den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge bis zum Reservistenverband der Bundeswehr. Auf zwei Bühnen gab es diverse Unterhaltungs- und Informationsveranstaltungen.

„Wir werden viele Menschen brauchen, um unser Land gegen seine Bedrohungen zu verteidigen.“
Gleich hinter dem Eingang am Spreeufer schüttelten vier bärtige Street-Food Burgerbrater ihre Köpfe zum laut aufgedrehten „Touch Too Much“ von AC/DC. Wenige Meter weiter standen Verteidigungspolitiker des Bundestages wie auch der neu gewählte Wehrbeauftragte Hennig Otte den Gästen für Gespräche zur Verfügung. Die Zielrichtung der Veranstaltung war klar: Eine Anerkennung für jene schaffen, die gedient haben oder noch dienen. Gleichzeitig aber auch eine Brücke schlagen, zu denen, die sich künftig einen Dienst in den Streitkräften vorstellen können.
Bundestagspräsidentin Klöckner würdigt Leistung der Familien und Angehörigen
Bundestagspräsidentin Klöckner nahm bei ihrer Begrüßungsansprache auf der Hauptbühne des Bürgerfestes auch jene in den Blick, „die mitgedient haben“: die Familien, die Partner sowie die Kinder der Soldaten. Es gehe um Partner und Partnerinnen, die plötzlich allein den Alltag bewältigen mussten, um Eltern, die bei jedem Anruf zusammenzucken, und Kinder, die immer wieder fragen: Wann kommst du wieder, sagte sie. „Sie alle haben mitausgehalten, mitgelitten und es verdient, mit in den Blick genommen zu werden“, machte sie deutlich.
Mit voller Überzeugung habe sie als Bundestagspräsidentin die „Schirmfrauschaft“ für diesen Tag übernommen, so Klöckner. Schließlich sei die Bundeswehr eine Parlamentsarmee, weshalb die Abgeordneten auch eine besondere Verantwortung trügen. Ihr sei klar, dass der Dienst für viele sehr fordernd und auch belastend sei. „Für einige sehr prägend und manchmal auch für immer prägend.“ Klöckner sprach von davongetragenen Wunden – den sichtbaren, aber auch den unsichtbaren. „Dafür braucht es konkrete Hilfen. Verlässlich und unbürokratisch“, sagte sie.

„Es braucht eine Kultur der Verlässlichkeit.“
Und übte auch Selbstkritik: Ein Veteranenvertreter habe ihr gesagt, die Betroffenen gingen nun in einen zweiten Krieg – in den “Verwaltungskrieg” um ihre Versorgung. „Das ist schmerzhaft und beschämend für uns“, konstatierte sie, um hinzuzufügen: „Wir haben das verstanden.“ Mit dem Veteranenbüro sei vor anderthalb Jahren ein zentraler Ansprechpartner geschaffen worden. Gleichwohl brauche es mehr: „Es braucht eine Kultur der Verlässlichkeit.“
Dass die Bundestagspräsidentin die richtigen Worte gefunden hat, zeigte sich am immer wieder aufkommenden Applaus während ihrer Rede. Den größten gab es, als sie auf der Tribüne den Wehrbeauftragten ausgemacht hatte und ihn als „das Ohr für die Sorgen und Problem der Soldatinnen und Soldaten“ vorstellte. Auffallend viele Uniformierte applaudierten. Otte, so scheint es, ist bei der Truppe beliebt.
Viel Musik, viele Gespräche und sommerliche Hitze beim Veteranentag
Während auf der Hauptbühne inzwischen die “Detonators”, eine während eines Auslandseinsatzes der Bundeswehr gegründete Rockband, das musikalische Zepter übernommen hatte, genoss die Bundestagspräsidentin das Bad in der Menge. Ein Selfie hier, ein kurzes Plaudern da – Klöckner kam bei ihrem Durchschreiten der Menge bei inzwischen knapp 35 Grad nur langsam voran.
Als sich später der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Thomas Röwekamp (CDU), auf der Haupttribüne im Interview präsentierte, ging es auch um die Genese des Veteranentages. Zum Ende der letzten Legislaturperiode wurde ein interfraktioneller Antrag, mit der Forderung, einen solchen Veteranentag einmal pro Jahr stattfinden zu lassen, mit breiter Mehrheit angenommen. Lediglich die Gruppe Die Linke enthielt sich seinerzeit bei der Abstimmung.
Röwekamp erläuterte auch, wem eigentlich Dank und Anerkennung an dem Tag ausgesprochen werden soll. „Wir konzentrieren uns auf diejenigen, die für Frieden und Freiheit gekämpft haben.“ Gemeint sind alle, die ihren Dienst in der Bundeswehr getan haben, oder dies noch tun – auch die, die zuvor noch in der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA) gedient hatten. Heißt im Umkehrschluss: Wehrmachtssoldaten oder Soldaten, die nur in der NVA oder den Grenztruppen der DDR gedient haben, sind explizit nicht gemeint. „Diese Abgrenzung ist außerordentlich gelungen“, befand Röwekamp.
Deutschland ist “Spätstarter” bei der Anerkennungskultur
Ihm ist auch klar, dass Deutschland in Sachen Anerkennungskultur für die eigenen Streitkräfte im internationalen Vergleich ein „Spätstarter“ ist. Ganz weit vorn sind da die USA, wo ehemalige Armeeangehörige beim Boarding im Flugzeug bevorzugt werden und sie damit rechnen dürfen, in der Öffentlichkeit von ihnen wildfremden Menschen ein „Thank You for your service“ zu hören.

Rund um das Reichstagsgebäude gab es beim Bürgerfest zum Nationalen Veteranentag im "Veteranendorf " viel zu entdecken.
Die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen sind es laut Röwekamp, die es nötig machen, die Soldatinnen und Soldaten stärker in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte zu stellen. Die Sicherheit, die Freiheit und der Wohlstand, in dem Deutschland lebe, sei nicht gottgegeben und könne auch nicht immer von anderen organisiert werden. „Wir werden viele Menschen brauchen, um unser Land gegen seine Bedrohungen zu verteidigen“, sagte der CDU-Politiker.
Womit er zwangsläufig bei der Frage nach der Wehrpflicht gelandet war. Klar erkennbar ist für ihn, „dass wir auch der personellen Entwicklung der Bundeswehr in den letzten Jahren nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt haben“. Röwekamp stellte sich hinter das von Verteidigungsminister Boris Pistorius vorgegebene Prinzip der Freiwilligkeit beim Militärdienst. Gleichzeitig zeigte er sich aber skeptisch, ob es gelingen kann, die benötigte Anzahl an Soldaten auf freiwilliger Basis für die Bundeswehr zu gewinnen.
Wie es mit der Wehrpflicht weitergeht, bleibt also unklar. Klar hingegen ist, dass es auch im kommenden Jahr einen Veteranentag geben wird. „Der 1. Veteranentag ist ein Startschuss“, sagte die Bundestagspräsidentin. Bei ihr zu Hause in Rheinland-Pfalz sage man: Bei zweimal ist es Tradition, ab dem dritten Mal Brauchtum. „Also geben wir den Startschuss für ein schönes Brauchtum. Dieser Veteranentag ist gekommen, um zu bleiben“, sagte Klöckner.
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